natto — Japans einzigartige Sojabohnen
natto — Japans einzigartige Sojabohnen
Von einem Erwachet!-Mitarbeiter in Japan
Vergorene Sojabohnen, die klebrige Fäden ziehen — wahrscheinlich läuft uns bei dieser Vorstellung nicht gerade das Wasser im Mund zusammen. Doch in Japan sind gedünstete, vergorene Sojabohnen namens natto ein beliebtes Gericht. Schätzungsweise werden dort im Jahr sogar mehr als 110 000 Tonnen Sojabohnen zu rund 220 000 Tonnen natto verarbeitet.
GEMÄSS einer Legende war der Krieger Minamoto Yoshiie vor rund 1 000 Jahren auf gekochte Sojabohnen gestoßen, die auf Stroh liegen geblieben und vergoren waren. Er probierte sie aus — das war die Geburtsstunde von natto. Wie es heißt, hatte natto am Ende der Edo-Periode (1603—1867) in manchen Regionen Japans einen festen Platz auf dem Speiseplan.
Wie wird natto zubereitet? Früher wickelte man gedünstete Bohnen in Reisstroh und lagerte die Bündel anschließend an einem warmen, feuchten Ort. Dabei kam es durch die im Reisstroh lebenden Nattobakterien (Bacillus natto) zur Gärung. Bei der Fermentation zersetzen sich die Proteine und Glucide (Kohlenhydrate) der Sojabohnen und bilden die typischen natto-Fäden, die sich bis zu 6 Meter lang ziehen lassen.
Heutzutage ist natto ein Massenprodukt, das fabrikmäßig hergestellt wird. In den Fabriken werden gedünstete Sojabohnen mit der gewünschten Menge Nattobakterien besprüht und anschließend maschinell in kleinere Behälter gefüllt. Ein Transportband bringt die Behälter in den genau temperierten Lagerbereich, wo die Bohnen bei einer bestimmten Luftfeuchtigkeit gären und reifen können. Nach dem Verpacken sind die natto-Bohnen fertig für den Verkauf.
Auch wenn manche den charakteristischen Geruch von natto abstoßend finden — die Fäden ziehenden Bohnen sind sehr nahrhaft. Bei der Gärung bilden sich nicht nur die Vitamine B2 und K, sondern auch Mineralstoffe wie Eisen, Kalzium und Kalium. Außerdem enthält natto verdauungsfördernde Enzyme. In natto wurde ferner ein Enzym namens Nattokinase entdeckt, das Blutgerinnsel auflöst.
Die natto-Fäden spielen allerdings nicht nur in der Ernährung eine Rolle. Aus natto werden unter anderem Kunstfasern, biologisch abbaubare Kunststoffe und Kunstharz gewonnen, das ein guter Wasserspeicher ist.
Bei der Fermentation entsteht Wärme und es werden Wirkstoffe produziert, die andere Bakterien unterdrücken. Richtig zubereitet ist natto daher sehr gut haltbar. Bei einem Experiment hat man Nattobakterien gemeinsam mit dem stark gesundheitsschädlichen Bakterium E. coli O157 kultiviert, das gefährliche Lebensmittelvergiftungen verursacht. Das Bakterium E. coli O157 ging ein. Da natto mit der Zeit seinen Geschmack ändert, wird dennoch empfohlen, es im Kühlschrank aufzubewahren und innerhalb einer Woche aufzubrauchen. Wenn die Gärung zu weit fortschreitet, lösen sich die Sojabohnen vollständig auf und verbreiten einen scharfen ammoniakähnlichen Geruch.
Viele essen natto auf traditionelle Art mit Sojasauce. Einige nehmen dazu lieber Senf oder gehackte Schalotten, andere dagegen Seetang oder ein Ei. natto passt hervorragend zu gekochtem weißen Reis. Man kann natto auch mit Spaghetti, japanischen Nudeln oder mit Suppe servieren. Einige mögen natto auf Buttertoast. Wer Reis dazu isst, sollte die Bohnen gründlich vermischen. Je besser sie verrührt werden, desto mehr Fäden entstehen.
Je weiter sich herumspricht, wie gesund natto ist, desto beliebter wird dieses Gericht. Mittlerweile ist sogar geruchsneutrales natto auf dem Markt — sehr zur Freude derjenigen, die natto wegen des Geruchs bisher gemieden haben. Wer die Gelegenheit hat, sollte natto auf jeden Fall einmal probieren! * Vielleicht entdeckt er Japans vergorene, Fäden ziehende Sojabohnen ja für sich.
[Fußnote]
^ Abs. 11 Wer wegen Herzproblemen Medikamente mit dem Wirkstoff Warfarin einnimmt, sollte bedenken, dass der Vitamin-K-Gehalt von natto die Wirkung des Medikaments beeinträchtigen kann.