Entdecken wir die Gestaltung in der Natur
Entdecken wir die Gestaltung in der Natur
WENN wir durch Wald und Flur wandern, dann fällt den meisten von uns auf, wie schön doch die Natur ist. Vielleicht fasziniert uns ein Büschel Blumen, ein bunter Vogel, ein prächtiger Baum oder eine atemberaubende Aussicht. Viele schreiben diese Schönheit einem Schöpfer, einem meisterhaften Konstrukteur, zu.
Womöglich gehen wir davon aus, nur Wissenschaftler seien in der Lage, die ausgeklügelte Gestaltung in der Natur zu entdecken. Aber man braucht gar keine hochwissenschaftliche Ausrüstung, um die Gestaltungsformen in der Natur auszumachen. Es reicht ein scharfes Auge, etwas Fantasie und Sinn für Schönheit und Formgebung. Vielleicht braucht man auch nur einiges, an dem man bisher achtlos vorbeigegangen ist, etwas näher zu betrachten.
Eine der einfachsten Gestaltungsformen ist die Spirale. Man findet sie bei ganz alltäglichen Gebrauchsgegenständen, zum Beispiel einem gewundenen Seil oder einem Korkenzieher. Dabei sind noch viel elegantere Spiralen an Muschelschalen und Kiefernzapfen zu entdecken. Und wenn man sich die Mitte einer Sonnenblumenblüte genau anschaut, stößt man auch dort auf ein Spiralmuster. Eher unauffällig sind daneben die Spiralmuster, die Rosen und Spinnennetze zieren.
Betrachten wir doch ein Spinngewebe einmal aus der Nähe. Erst spannt die Spinne die radialen Fäden ihres Netzes aus; sie sehen dann etwa so aus wie die Speichen eines Rades. Danach fängt sie an, diese Fäden von der Mitte aus mit einem klebrigen, seidigen Spinnfaden zu verbinden. Immer rundherum webt die Spinne ihren Faden, bis das Netz fertig ist. Dieser Faden, den sie endlos im Kreis weiterspinnen könnte, bildet eine Spirale.
Eine weitere faszinierende Form in der Natur ist der Ocellus oder Augenfleck. Man findet ihn an den ungewöhnlichsten Stellen: auf dem Gefieder von Vögeln, den Flügeln von Schmetterlingen, ja sogar auf den Schuppen von Fischen. Augenflecke sollen, wie Wissenschaftler sagen, beim Umwerben des Weibchens, beim Täuschen von Angreifern oder bei Ablenkungsmanövern hilfreich sein. Der Pfau ist vielleicht der bekannteste Vertreter der Tiere, die mit Augenflecken geschmückt sind. Wenn er balzt, erlebt man ein wundervolles Naturschauspiel. Alexander der Große war von der Pracht des Pfaus so hingerissen, dass er diesen Vogel in seinem ganzen Reich unter Schutz stellen ließ.
Auch Kreis und Kugel sind uns als Formen gut vertraut. Der goldene Ball der untergehenden Sonne fasziniert uns ebenso wie der silbern glänzende Vollmond. Die Blüten vieler Korbblütler erinnern an die Sonne, denn sie sind in der Mitte gelb und haben strahlenförmige Blütenblätter in verschiedenen Farben. In dem goldenen „Auge“ dieser überall anzutreffenden Blütenpflanzen finden Schmetterlinge einen nektarreichen Festschmaus, der auf sie fast so verlockend wirkt wie ein goldener Meeresstrand auf Touristen.
Da die Kugel die ökonomischste Art der Verpackung ist, sind Früchte und Beeren verschiedener Farbe und Größe oft rund. Ihre leuchtenden Farben ziehen Vögel an, die sich an der Frucht laben und dafür die Samen verbreiten.
Spirale, Augenfleck, Kreis und Kugel sind freilich nur einige Beispiele aus der Formenvielfalt der Natur. Manche erfüllen einen ganz bestimmten Zweck, wohingegen andere vielleicht zum Schmuck oder zur Tarnung da sind. Wie auch immer, wir sollten danach Ausschau halten und uns daran erfreuen.
[Ganzseitiges Bild auf Seite 26]