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BLICK IN DIE VERGANGENHEIT

Aristoteles

Aristoteles

ER LEBTE vor über 2 300 Jahren und beeinflusste Wissenschaft und Philosophie wie kaum ein anderer. Bis heute genießen seine Werke größtes Interesse und sie sind in viele Sprachen übersetzt worden. In einem Lehrbuch heißt es, dass sein Weltbild „für mehr als 2 000 Jahre das westliche Denken [dominierte]“ (Astronomie: Die kosmische Perspektive). Einige der Ansichten von Aristoteles flossen sogar in katholische und protestantische Glaubenslehren ein, genauso wie in den Islam.

Vielfältige Interessengebiete

Aristoteles verfasste Schriften über Astronomie, Bewegungslehre, Biologie, Dichtkunst, Ethik, Glück, Kunst, Logik, Magnetismus, Metaphysik, Politik, Psychologie, Recht, Rhetorik, Sprache und über die Seele, die er für sterblich hielt. Doch am bekanntesten sind seine Ausführungen über die Biologie und die Logik.

Die Gelehrten im alten Griechenland versuchten, die Welt zu erklären, indem sie Beobachtungen anstellten und daraus ihre Schlüsse zogen. Die Ausgangsbasis für ihre Überlegungen waren Dinge, die sie für offensichtliche Wahrheiten hielten. Sie glaubten, dass sie durch sorgfältige und logische Überlegungen zu korrekten Schlussfolgerungen kommen würden.

Das führte sie zu einigen richtigen Erkenntnissen — zum Beispiel, dass das gesamte Universum einer bestimmten Ordnung unterliegt. Es gab dabei allerdings ein großes Problem: Ihre Wahrnehmung hatte Grenzen, sie konnten sich nur auf das stützen, was mit bloßem Auge sichtbar war. Das führte selbst geniale Denker wie Aristoteles manchmal auf Irrwege. Zum Beispiel dachten viele, dass sich die Planeten und die Sterne um die Erde drehen. Damals galt das als feststehende Wahrheit. „Sowohl Logik als auch Beobachtungen schienen die griechische Ansicht von einem erdzentrierten Universum zu bestätigen“, schrieb der Historiker Charles Freeman.

Diese falsche Ansicht hätte wohl keine schwerwiegenden Folgen gehabt, wenn es eine rein naturwissenschaftliche Debatte geblieben wäre. Aber es kam anders.

Aristoteles wird „getauft“

Katholische Theologen, vor allem Thomas von Aquin (um 1224–1274), ließen Aristotelesʼ Schriften in ihre theologischen Werke einfließen. Das hatte zur Folge, dass im christlich geprägten Europa manche Ansichten von Aristoteles als anerkannte Wahrheiten vermittelt wurden. Seine Vorstellung, die Erde sei das Zentrum des Universums, wurde sogar zum katholischen Dogma. Auch protestantische Geistliche wie Calvin und Luther übernahmen diese Ansicht und behaupteten, sie stütze sich auf die Bibel. (Siehe den Kasten „ Sie lasen zu viel in die Bibel hinein“.)

Manche Ansichten von Aristoteles wurden für gegeben und unanfechtbar erklärt

Charles Freeman schrieb, dass „Aristotelismus und Katholizismus auf manchen Gebieten nicht mehr zu unterscheiden waren“. Manche sagen, Thomas von Aquin hätte Aristoteles katholisch „getauft“. Doch wie Freeman schrieb, war es eher umgekehrt: „Thomas von Aquin konvertierte zum Aristotelismus“ — und in gewisser Weise damit auch die ganze Kirche. Das bekam zum Beispiel der italienische Astronom und Mathematiker Galileo Galilei zu spüren. Als er sich „erdreistete“, Beweise dafür vorzulegen, dass sich die Erde um die Sonne dreht, musste er vor dem Inquisitionsgericht erscheinen und widerrufen. a Ironischerweise hatte Aristoteles selbst gesagt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse dem Fortschritt unterliegen und immer wieder überdacht werden müssen. Die Kirchen wären gut beraten gewesen, wenn sie diese Ansicht auch übernommen hätten.

a Mehr über „Galileis Konflikt mit der Kirche“ im Erwachet! vom 22. April 2003.